Was Gen Z wirklich braucht – Praxisblick von Sibylle Stippler

September 8, 2025
3 min. Lesezeit

1. Frau Stippler, was ist aus Ihrer Sicht das größte Missverständnis über die Gen Z?

Das Bild von der „arbeitsscheuen Hängematten-Generation“ hält einem Realitätscheck nicht stand. Studien zeigen: Die Unterschiede innerhalb einer Generation sind mindestens so groß wie zwischen den Generationen. Es gibt hochmotivierte junge Leute – und solche, die lieber den bequemeren Weg wählen. Das ist bei Babyboomern nicht anders. Spannend ist: Obwohl Schulabsolventinnen und -absolventen heute in einen Arbeitnehmermarkt hineinwachsen, in dem ihnen viele Türen offenstehen, steht ein sicherer Arbeitsplatz ganz oben auf ihrer Wunschliste. Dazu kommen zwei weitere Faktoren: Sinn in der Arbeit und Wertschätzung am Arbeitsplatz.

2. Welche Lern- und Entwicklungsmodelle funktionieren gerade besonders gut?

In einer Arbeitswelt, die sich schneller verändert als je zuvor, brauchen junge Menschen vor allem eins: die Fähigkeit, sich selbst Wissen zu erarbeiten und Probleme eigenständig zu lösen. Klassische Ausbildung vermittelt vor allem Inhalte, moderne Modelle setzen auf Lernprozessbegleitung. Das heißt: Junge Menschen planen und steuern eigene Lernprojekte, sammeln Erfahrungen und werten sie aus. Viele Unternehmen nutzen heute schon digitale Lernplattformen oder setzen auf Mentoring und Peer-Learning, also das Lernen im Tandem anstelle des einsamen Büffelns. Entscheidend ist, dass Auszubildende nicht nur zuhören, sondern ausprobieren, Fehler machen dürfen – und dabei wachsen.

3. Welche Maßnahmen bringen den Unternehmen mehr Bewerbungen von Jugendlichen?

Die wichtigste Voraussetzung: Unternehmen müssen sich selbst gut kennen. Wer Präzision und Verlässlichkeit braucht, sollte das schon im Bewerbungsprozess klar zeigen. In Stellenanzeigen duzen sollte nur, wer es im Arbeitsalltag genauso hält. Jugendliche spüren sofort, ob ein Angebot authentisch ist oder nicht.

Hauptschülerinnen und Hauptschüler – und deren Eltern – suchen noch in Printmedien und am Schwarzen Brett – das überrascht viele. Online-Stellenanzeigen, Instagram, Youtube und die Vermittlung über die Bundesagentur für Arbeit sind ebenfalls wichtige Kanäle. Ergänzend wirken Praktika und Azubis als Botschafter an Schulen oder auf Messen, die direkt aus ihrem Alltag berichten.

4. Eine Sache, die Führungskräfte morgen früh ändern sollten – und eine, die sie sofort lassen sollten?

Ändern sollten Führungskräfte ihre Haltung: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ war gestern. Heute zählen Begegnungen auf Augenhöhe und klare Erwartungen. Junge Menschen wollen ernst genommen werden.

Lassen sollten Chefinnen und Chefs autoritäres Auftreten und Schweigen über Erwartungen. Wer gut führt, bindet Fachkräfte und Nachwuchstalente – und das ist in Zeiten des Fachkräftemangels Gold wert.

Foto: IW Sibylle Stippler

Sibylle Stippler leitet am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) das Themencluster „Berufliche Qualifizierung & Fachkräfte“ und übersetzt Forschung in umsetzbare Personalarbeit – besonders für den Mittelstand.

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